Do It Yourself – kurz: DIY – ist ein anhaltender Trend. Sich seine eigenen Dinge zu basteln, ist ja auch viel schöner, preiswerter und individueller als es immer nur den Profis zu überlassen. Das mag für Schmuck, Dekos und witzige Klamotten zutreffen. Unter dem Schlagwort „Stick and Poke“ macht sich bei Jugendlichen seit einiger Zeit allerdings ein DIY-Trend breit, der Eltern verstört, Mediziner alarmiert und sogar Juristen auf den Plan ruft. Was sich dahinter verbirgt, erläutern ARAG Experten.

Stick and Poke – Was ist das?

Dahinter verbergen sich ganz einfach Tattoos, also Tätowierungen. Allerdings überlässt man bei Stick and Poke (zu Deutsch: kleben und stochern) die Ausgestaltung und Ausführung des langlebigen Körperschmuckes nicht einem professionellen Tätowierer, sondern erledigt das Einbringen der Tinte in untere Hautschichten ganz unkompliziert zu Hhause. Bei den Laien-Tattoos handelt es sich meist um kleine Symbole wie Smileys oder simple geometrische Figuren. Der Trend ist darüber hinaus eng mit den sozialen Netzwerken verbunden. Tutorials bei YouTube erklären, wie man sich ein Tattoo selber sticht, um es danach auf Instagram zu posten. Amazon bietet das benötigte Zubehör an: Nadeln, Tinte oder für den echten Fan mittlerweile sogar exklusive Stick and Poke Kits – ausgestattet mit allem, um sofort loszulegen. Das Problem: Hobby-Tätowierer haben weder das entsprechende Know-How, um sich Ihre Tattoos ansprechend aussehen zu lassen, noch das medizinische Basiswissen, das benötigt wird. Von den nötigen Hygiene-Maßnahmen mal ganz zu schweigen. Enttäuschende Ergebnisse, unschöne Kritzeleien auf der Haut und medizinische Komplikationen sind häufig die Folge.

Das sagen Ärzte

In den deutschen Tattoo-Studios ist in den letzten Jahren zumindest das Bewusstsein für sauberes Arbeiten gestiegen. Die Zahlen von Infektionen nach dem Stechen sind somit rückläufig. Wenn sich nun aber Laien ohne jegliche Erfahrung selbst tätowieren, sehen Mediziner und andere Fachleute eine neue Problematik. Infektionen sind beim Einbringen von Tinte und Farben in untere Hautschichten mittels einer Nadel eigentlich kaum zu vermeiden. Zahlreiche Viren wie HIV, Hepatitis A, B und C werden über mehrfach benutzte und nicht richtig gereinigte Nadeln genauso übertragen wie durch unsauberes Arbeiten. Um solche Infektionen zu vermeiden, müssen Tätowierer wie auch Hobby-Stecher die Hygieneregeln dringend einhalten. Die Farben, die beim Tätowieren zum Einsatz kommen, sind darüber hinaus nach wie vor problematisch. Um Komplikationen auszuschließen, müsste man sie wie Medikamente testen, da es Substanzen sind, die unter die Haut, also in den Köper, eingebracht werden und dort jahrzehntelang liegen. Das wäre keinem Versuchsobjekt zumutbar, und das kann und will niemand zahlen. Was also in den Farben steckt, können nicht einmal Profis genau sagen. Kommt es mit nur einer der 50 bis 60 unterschiedlichen Substanzen, die in der Farbe enthalten sein können, zu einer Fremdkörperabstoßung oder einer allergischen Reaktion, muss medikamentös behandelt werden. Wirken die Medikamente nicht, bleibt nur noch die Möglichkeit, den reaktiven Teil des Tattoos herauszuschneiden.

Ist das überhaupt erlaubt?

Theoretisch wäre es erst einmal nicht strafbar, sich selbst ein Tattoo zu stechen. Wenn man anderen, Minderjährigen ein Tattoo sticht, kann man sich aber wegen Körperverletzung strafbar machen. Derzeit gibt es für Tattoos in Deutschland allerdings keine gesetzliche Altersgrenze. Das liegt daran, dass man nicht genau sagen kann, wann ein Jugendlicher die Risiken und Folgen der oben genannten Körperverletzung einschätzen kann. Ob das Tätowieren eines Freundes als Körperverletzung anzusehen ist, hängt somit auch von dessen individuellen Reife ab. In einem konkreten Fall war eine 16-Jährige auf eine Party in einem Tattoo-Studio geraten. Im Drogenrausch ließ sich das Mädchen im Intimbereich piercen. Der Tätowierer kassierte wegen Körperverletzung eine saftige Geldstrafe und riskierte seinen Gewerbeschein. Denn auch wenn sich das Mädchen – zwar unter Drogen – aber dennoch freiwillig hatte stechen lassen: Tätowierer sind verpflichtet, sich vor der Arbeit den Personalausweis ihrer Kunden zeigen zu lassen. Der beschuldigte Tätowierer erhielt im verhandelten Fall eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Der Verein Deutsche Organisierte Tätowierer (DOT) lehnt Tätowierungen für Jugendliche unter 18 Jahren allerdings ab. Nicht zulässig dürfte es darüber hinaus sein, ohne Gewerbeschein gegen Bezahlung anderen ein Tattoo zu stechen.

Tattoo entfernen

Wenn Tattoos das Ergebnis einer Stick-and-Poke-Aktion sind, ist das Ergebnis oft ernüchternd. Meist bereuen die jungen Leute nach ein paar Wochen den schmerzhaften Spaß. Die Entfernung einer Tätowierung mit einem Laser ist Sache eines Arztes. Sie gilt in vielen Bundesländern allerdings nicht als medizinischer Eingriff. Somit darf rechtlich gesehen jeder die Behandlung durchführen. Deshalb bieten neben Hautärzten auch vereinzelt Kosmetikstudios und Tätowierer die Laser-Entfernung an. Davon raten die ARAG Experten allerdings ab: Der Dermatologe hat in der Regel erheblich gründlichere Kenntnisse und kann helfen, wenn Komplikationen bei der Tattoo-Entfernung auftreten. Bei der Behandlung wird der Laserstrahl auf die tätowierte Haut gerichtet. Dabei strahlt der Laser Energie in die Farbkörper und sprengt sie. Die zersplitterten Farbkörper werden dann ausgeschwemmt und abtransportiert. Hierfür sind aber mehrere Sitzungen nötig. Die Haut muss zwischen den einzelnen Behandlungen regenerieren und die Lymphe die zerstörten Farbpigmente abtransportieren. Die Behandlung ist darüber hinaus mit Schmerzen verbunden. Manchmal verbleiben auch unschöne Reste der Farbe in der Haut. Mitunter bleibt das Tattoo als Negativabdruck zurück, weil durch das Stechen des Tattoos die Haut oftmals vernarbt und dabei auch das normale Hautpigment verschwindet. Die Laien-Tattoos sind zudem nicht etwa leichter zu entfernen als professionell gestochene. Nicht selten kommt es vor, dass Laien sogar tiefer in die Haut stechen – was nicht nur ein kosmetisches, sondern auch ein gesundheitliches Risiko ist, weil die entstehenden Chemikalien nicht zur Gänze abgebaut werden können, so ARAG Experten.

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