Was haben erfolgreiche Bewerbungen mit einer chinesischen Speisekarte zu tun? Christina Kock erklärt, wie Führungskräfte sich richtig für einen neuen Job bewerben.

Manchmal passiert es überraschend und unerwartet, meistens haben es die Betroffenen aber schon länger im Urin, dass etwas nicht stimmt. Das Unternehmen wird verkauft, ein strategischer oder Finanz-Investor steigt ein oder es gibt einen Wechsel auf der Management- oder Vorgesetzten-Ebene – es gibt viele Gründe, warum auch in Zeiten sehr guter Konjunktur der Stuhl von Führungskräften schnell wackeln kann. Je höher die Hierarchie-Ebene und je länger die Karriere als Führungskraft oder Manager, umso mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es auch einen selbst mal trifft.

Wer als Führungskraft seinen Job verliert, darf – je nach Beschäftigungsdauer und Gesamtumstände – in der Regel auf eine gute Abfindung, eine großzügige Freistellung, ein gutes Zeugnis und gegebenenfalls auf die Finanzierung einer Outplacement-Beratung hoffen. Daher ist man geneigt zu denken, dass Führungskräfte ja weich fallen. Allerdings gibt es hier ein spezifisches Problem: Je höher die Ebene im Organigramm, umso seltener finden sich Stellenausschreibungen für adäquate Anschlusspositionen im sogenannten offenen Arbeitsmarkt. Wenn dazu noch ein gewisses Alter kommt, und das beginnt je nach Funktion oder Branche mit schon mit Mitte 40, sinken die Chancen gewaltig.

Spezielle Anforderungen an eine Bewerbung als Führungskraft

Wo ist das Problem? Plötzlich muss man sich selbst richtig verkaufen und hat das möglicherweise seit vielen Jahren nicht mehr gemacht; entweder weil man eine Kaminkarriere im gleichen Unternehmen hingelegt hat oder die Wechsel von A nach B quasi von alleine stattgefunden haben, durch gute Headhunter-Kontakte, ehemalige Vorgesetzte oder Empfehlungen. Viele sitzen dann jetzt wie der Ochs vorm Berg und haben im Zeitalter des Internets und Social Media keine Ahnung, wie man heute an eine adäquate Anschlussposition kommt.

Völlig unterschätzt wird die Dauer beziehungsweise Zeit, bis es zu einem Neuanfang kommt. Zum einen, weil das Angebot klein ist und das eigene Netzwerk gerade keine passende Vakanz zu bieten hat aber zum anderen, weil die Besetzungsprozesse und Entscheidungen in den Unternehmen zum Teil sehr lange dauern. Was kann in der Bewerbungsphase alles passieren? Es ändern sich die Anforderungsprofile für die Position, auf einmal taucht doch noch ein interner Kandidat auf oder auch aufgrund der eingangs beschriebenen Szenarien werden Stellen gar nicht mehr besetzt. Das heißt, man muss schon in diversen Ausschreibungsverfahren zum engeren Kandidatenkreis gehören, um wegen Gründen, die gar nichts mit der eigenen Person und Qualität zu tun haben, bis zu einem Vertrag zu kommen. Wie kann diese Quote erhöht werden?

Bevor man sich überhaupt mit den Vakanzen des Arbeitsmarktes beschäftigt, muss ein Lebenslauf her. Möglichst einer, mit dem man sich von den Wettbewerbern um die wenigen offenen ausgeschriebenen Stellen deutlich differenziert. Hier machen Führungskräfte (wie auch die meisten anderen Bewerber) sehr oft den gleichen Fehler. Man sucht im Internet eine Wordvorlage, fängt an drauf los zu schreiben und listet je Station in vielen Bullet-Points alles auf, was das Zeug hält. Man möchte ja dem nächsten Leser eine möglichst große Auswahl an Fähigkeiten und Kompetenzen vermitteln, damit er sich ein umfangreiches Bild machen kann.

Chinesische Speisekarte oder Differenzierung zum Wettbewerb

So kommen schnell mal fünf bis sieben Seiten und mehr zusammen in der Hoffnung, dass sich der Empfänger schon das rauspicken wird, was er für die ausgeschriebene Position brauchen kann. Diese Lebensläufe erinnern mich an chinesische Speisekarten: Dicke Hefte, alle Speisen (Inhalte der Stationen) wiederholen sich, nur werden sie mal mit Rindfleisch, Schwein, Huhn und Ente angeboten (Unterschiedliche Rollen, Titel, Hierarchie-Ebenen). Finden wir das gut? In der Regel nicht. Intuitiv wissen wir, dass bei der Auswahl das Produkt nicht wirklich ausgezeichnet sein kann. Also muss ein Lebenslauf eher einer Gourmet Speisekarte gleichen, der spezialisiert ist und mit Mehrwert für den Empfänger überzeugt. An der Stelle sei gewarnt, das ist richtig Arbeit.

Führungskräfte müssen nicht nur vermitteln, was sie fachlich können und womit sie beschäftigt waren, sondern vor allem aufzeigen, was sie in ihren beruflichen Stationen geleistet also bewirkt haben – das ist ein gewaltiger Unterschied. Diese Nabelschau vor dem Hintergrund der Performance ist die zentrale Aufgabe, denn sie ist zum einen als Basis für einen mehrwerterzeugenden, differenzierenden Lebenslauf notwendig, wird weiter benötigt für ein entsprechendes Anschreiben und ist die Grundlage dafür, dass man in Vorstellungsgesprächen „was zu sagen hat“. Neudeutsch würde man heute sagen „Storytelling“.

Als Führungskraft sollte man in der Lage sein zu transportieren, wo der operative oder strategische Nutzen des eigenen Tuns lag oder welche Beiträge zum Unternehmenserfolg in den jeweiligen Stationen und Verantwortlichkeiten geleistet wurden. Das lässt sich sehr gut an besonderen Aufgaben, Projekten oder Change-Themen dokumentieren. So eine Performance-Analyse nach X Jahren im Management mit unterschiedlichen Arbeitgebern und/oder Positionen und Verantwortlichkeiten kann schon mal eine Woche und mehr dauern. Der künftige Arbeitgeber möchte möglichst sicher sein, ob der Bewerber den Aufgaben und Anforderungen der zukünftigen Stelle gewachsen ist und das sollte der Bewerber bereits im Curriculum Vitae (CV) sichtbar machen. Und das wird am besten dokumentiert, wenn der Absender die bisherigen Beiträge zum Unternehmenserfolg aufzeigt.

Auf einen Blick

Machen Sie es dem nächsten Leser Ihrer Unterlagen leicht. Um ihn oder sie von sich zu überzeugen, sollten Sie von sich ein Bild mitgeben, von dem Sie möchten, dass Sie es auch wirklich entsteht. Denn wie läuft es üblicherweise? Der Empfänger liest (hoffentlich) den kompletten Lebenslauf mit den ganzen Informationen und macht sich am Ende ein Bild vom Bewerber. Nur welches Bild er sich macht, darauf hat der Bewerber in der klassischen CV-Methode keinen Einfluss. Dadurch läuft man allerdings Gefahr, dass die berufliche Biografie anders gesehen wird, als man sich das gedacht hat. Wie kann das vermieden werden? Durch ein komprimiertes Deckblatt. Einer der häufigsten taktischen Fehler bei der CV-Erstellung ist es daher, auf ein solches Deckblatt zu verzichten. Es ist extrem wichtig, denn der Mensch, der es liest, wird dadurch innerhalb von 15 bis 20 Sekunden in der Lage sein, vollumfänglich zu erfassen, was der Absender als potenzielle neue F&u uml;hrungskraft zu bieten hat. Darauf zu verzichten ist ein unnötiges „Risiko“ im Vermarktungsprozess.

Damit es mit dem nächsten beruflichen möglichst Schritt zügig klappt, muss also ein strategisch/taktischer Lebenslauf her. Hier sollte jede/r so an sich arbeiten, wie man es als Führungskraft für das Unternehmen tut: Analysieren, konkretisieren, umsetzen. Je mehr Energie hier am Anfang investiert wird, umso schneller kommt der Return on Investment.

Übrigens gibt es in der chinesischen Sprache zwischen Chance und Krise keinen Unterschied!

Über DOM CONSULTING®

Christina Kock gehört zu den führenden Karriere- und Outplacement-Beratern in Deutschland. Ihre vielseitige und individuelle Beratung für Führungskräfte bei beruflichen Veränderungen reicht von systematischer Selbstreflektion aus Performance-Perspektive, Neupositionierung über Karriereentwicklung und Outplacement bis zur Königsklasse “Inverses Headhunting”. Ihre eigene Laufbahn hat sie bis auf die Vorstandsebene in der Finanzindustrie geführt. Das macht sie für ihre Kunden zu einer versierten Sparringspartnerin auf Augenhöhe. Sie weiß, was Menschen antreibt, erarbeitet methodisch die richtige Positionierung ihrer Kunden und entwickelt mit ihnen neue Perspektiven. 2011 gründete sie ihr Beratungsunternehmen DOM CONSULTING®. Führungskräfte aus allen Branchen, Funktionen und Hierarchie-Ebenen vertrauen sich ihr heute an. https://www.dom-consulting.com

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