Gehen sie oder bleiben sie am Ende vielleicht doch? Nichts Genaues weiß man, schaut man dieser Tage über den Ärmelkanal. Aber eines steht fest: „It´s beginning to look a lot like Christmas“. So verkündet es auch „Herman ze German“ auf seiner Facebook-Seite und macht damit der Londoner Kundschaft Lust auf seine Wurstspezialitäten. Diese kommen nicht aus London, sondern aus dem südbadischen Wiesental.

In den letzten Jahren ist der Trend für ein bisschen „german Gemütlichkeit“ zur Weihnachtszeit auf die Insel geschwappt, was der große Weihnachtsmarkt-Trend deutlich zeigt. Aber nicht nur zur Weihnachtszeit herrscht bei „Herman the German“ Hochkonjunktur. Hinter dem eingängigen Namen stecken Azadeh Falakshahi und Florian Frey. Mit dem Imbiss haben sich die beiden Badener vor zehn Jahren in der britischen Metropole selbstständig gemacht und betreiben dort inzwischen drei erfolgreiche Filialen. „Das Weihnachtsgeschäft ist die beste Zeit für uns. Die Menschen haben gute Laune und sind sehr viel aus zum Feiern. Die deutsche Wurst passt hier richtig gut rein“, erzählt Falakshahi. Nicht nur die hochwertige Curry- und Bockwurst und viele andere „typisch deutsche“ Gerichte machen den Erfolg des Imbiss‘ aus, dazu kommt eine ordentliche Portion Selbstironie und ein gekonntes Spiel mit Klischees.

Aber woher kommt eigentlich die Wurst für den Erfolg? Aus der Metzgerei Hug in Steinen. Sie ist seit ihrer Kindheit Leib- und Magen-Metzgerei der beiden Auswanderer und Christoph Hug der Createur und Produzent der typisch deutschen Wurstwaren, die die Londoner begeistern. Seit dem Startschuss von „Herman ze German“ sind Hugs dabei und sind begeistert von dem steigenden Interesse der Londoner an ihren Produkten und dem Erfolg von „Herman“. „Natürlich freut es mich, dass wir mit einer guten Wurst einen nicht unerheblichen Teil dazu beitragen dürfen, dass das große Interesse bestehen bleibt und weiter wächst“, berichtet Christoph Hug.

Die Zusammenarbeit zwischen der Metzgerei und dem Londoner Team ist eng. Saisonale Spezialitäten werden zusammen kreiert. „Die sogenannte ‚guest wurst‘ gibt es in vielen Facetten und immer der Jahreszeit angepasst“, erklärt Hug. „Oft kommt eine Idee von Florian, an deren Umsetzung wir dann gemeinsam arbeiten. Zurzeit gibt es z.B. eine Bratwurst mit Kalbfleisch und Gruyere Käse, die im Geschmack an den Duft von Käsefondue und Raclette erinnert – also typisch Weihnachtsmarkt.“ Falakshahi stimmt mit dieser Einschätzung völlig überein: „Unserer Meinung nach ist das die Wurst der Weihnachtszeit.“ Selbst kommen die beiden Unternehmer allerdings nicht in den Genuss heimatlicher Vorweihnachtsmomente. „Wir sind in der Weihnachtszeit so beschäftigt mit unseren Läden, dass wir nicht dazu kommen auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.“

Brexit sorgt für Unsicherheit
Wie geht es mit dem Erfolgsmodell nach einem Brexit weiter? „Um ehrlich zu sein habe ich aufgehört zu spekulieren und hoffe einfach auf eine Lösung, die es uns weiterhin erlaubt, ohne größere Einschränkungen nach England zu liefern“ erklärt Hug. Für die Betroffenen vor Ort stellen sich jetzt viele Fragen. „Es ist vieles noch sehr unklar. Wir machen uns Gedanken, wie es in Zukunft sein wird, Angestellte zu finden. 95 Prozent unserer Angestellten in London sind aus dem Ausland. Der Wurstimport könnte außerdem schwieriger werden. Längere Lieferwege und zusätzliche Kosten könnten das Organisatorische erschweren.“ Selbst haben beide nun einen englischen Pass beantragt, um in jedem Fall in London bleiben und arbeiten zu können. Für Metzger Hug geht es bei dieser Frage auch um mehr als nur Organisatorisches: „Ich bin nicht nur aus Geschäftsinteresse ein starker Befürworter der EU, sondern auch aus Überzeugung. Der Grundgedanke der Europäischen Union sichert in meinen Augen den Frieden und die Freiheit für jeden Einzelnen, egal ob in England, Frankreich oder Deutschland – und daran sollten wir festhalten.“

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