Hessens Innenminister Peter Beuth und Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz haben heute die Auftaktveranstaltung des Präventionsprojekts „Netzwerk-Lotsen Antisemitismus-/Extremismusprävention“ in der Humboldtschule in Bad Homburg besucht. Als Netzwerk-Lotsen werden künftig hessenweit Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulsozialarbeiter sowie Schulpsychologen pädagogisch geschult. Sie sollen schon bei Anzeichen von Antisemitismus und Extremismus schnelle, passgenaue und zeitnahe Hilfestellungen vermitteln können. Rund 100 Frauen und Männer aus dem Schulbereich haben bereits ihr Interesse bekundet. Sie sollen Teil eines landesweiten Lotsen-Netzwerks werden, welches menschenverachtendem Gedankengut kompetent entgegentritt.

„Für Hass und Hetze ist auf unseren Schulhöfen kein Platz. Alle menschenverachtenden Einstellungen, insbesondere Antisemitismus und Extremismus, sind gefährlich“, erklärten Innenminister Peter Beuth und Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz. „Deswegen müssen wir ihnen entschlossen und kompetent entgegenwirken: präventiv und im Zweifel auch repressiv. Wir werden nicht zulassen, dass junge Menschen alleine aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Glaubens ausgegrenzt, diffamiert oder angegriffen werden. Wer die Axt an unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und die Pluralität unserer Gesellschaft legt, muss eine klare Antwort unserer freien Gesellschaft bekommen. Um es deutlich zu sagen: Antisemitismus und Extremismus gehen uns alle an. Durch die wertvolle Arbeit der Lotsen wollen wir künftig nicht nur konkrete Hilfeleistung anbieten, sondern auch zeigen, dass wir gemeinsam allen Formen des Extremismus ein entschiedenes Nein entgegenstellen.“

Das Projekt wird in Zusammenarbeit des Innen- und Kultusministeriums umgesetzt. Das seit 2013 bestehende Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) koordiniert das Programm. Bereits heute wird die Zusammenarbeit des HKE mit zivilgesellschaftlichen Trägern mit rund sechs Millionen Euro jährlich gefördert. Mit den Mitteln werden Präventionsprogramme und -projekte aller Formen zur Bekämpfung des gesellschaftlichen Extremismus koordiniert.

Bei der Auftaktveranstaltung des Präventionsprojekts „Netzwerk Lotsen“ in Bad Homburg wurden Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulsozialarbeiter sowie Schulpsychologen zum Thema Antisemitismus und seinen zahlreichen Facetten informiert. Dabei referierten Experten des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), des Hessischen Informations- und Kompetenzzentrums gegen Extremismus (HKE), des Hessischen Kultusministeriums sowie des Pädagogischen Zentrums des Fritz-Bauer-Instituts und des Jüdischen Museums.

„Mit dem Aufbau von Netzwerk-Lotsen wird die Grundlage für eine zukunftsorientierte Regionalisierung der Präventionsarbeit unserer Schullandschaft geschaffen. Die Lotsen sollen bei Fragen und Konfliktfällen im Kontext extremistisch motivierten Verhaltens als unmittelbare Ansprechpartner agieren und Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Elternbeiräte kompetent über bestehende Hilfsangebote beraten. Dabei berücksichtigen wir nicht nur den schulisch-pädagogischen Bedarf, sondern setzen auch direkt die Handlungsempfehlungen des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus um“, so Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz.

Wie der Hessische Innenminister betonte, seien zwar die Zahlen antisemitisch motivierter Straftaten zwischen 2014 und 2017 um mehr als 20 Prozent gesunken, allerdings berichteten Mitglieder jüdischer Gemeinschaften immer wieder von einem Alltagsantisemitismus, der sich in vielen Äußerungen zeige: „Dieses Klima zu verändern und einen unmittelbaren und nachhaltigen Beitrag gegen den Antisemitismus zu leisten, ist eine wesentliche Motivation für die anspruchsvolle Arbeit der Lotsen. Durch sie wollen wir künftig nicht nur konkrete Hilfeleistung anbieten, sondern auch zeigen, dass wir gemeinsam alle Formen des Antisemitismus bekämpfen. Neben dem rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Antisemitismus ist dieser heute auch vermehrt unter Muslimen mit arabischen und türkischen Hintergrund festzustellen, der auf eine antisemitische Verunglimpfung des gesamten jüdischen Volkes abzielt. Allen Antisemiten müssen wir uns gleichermaßen entgegenstellen. Wir dulden in Hessen keinen Antisemitismus, egal ob von rechter oder islamistischer Seite.  An unseren Schulen und darüber hinaus.“

Hintergrund – Maßnahmen des Landes zur Extremismusprävention:

Aufklärung und Prävention sind für die Hessische Landesregierung wichtige Elemente im Kampf gegen Extremismus, Antisemitismus und Salafismus. Seit Jahren engagieren sich in Hessen staatliche Akteure sowie zivilgesellschaftliche Träger und Initiativen. Unter der Verantwortung des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport (HMdIS) wurde das „Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus“ (HKE) eingerichtet und im Mai 2013 der Öffentlichkeit vorgestellt. Präventionsprojekte werden hierüber derzeit in Höhe von sechs Millionen Euro gefördert. Mit dem Ziel der Koordinierung und Vernetzung der landesweiten Bemühungen zur Prävention und Intervention gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen hat das Land Hessen einen bislang bundesweit einzigartigen Schritt unternommen.

Das Landesprogramm beinhaltet unter anderem das „beratungsNetzwerk hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“. Dem Netzwerk gehören neben dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen mehrere Träger an, die sich explizit dem Phänomenbereich Antisemitismus widmen. Insgesamt investiert das Land für Präventionsprojekte im Bereich des Antisemitismus rund eine Million Euro.

Mit der „Phänomenbereichsübergreifenden wissenschaftlichen Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ (PAAF) ist das hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die bundesweit erste Verfassungsschutzbehörde, die sich mit einer eigenen Analysestelle dem Thema Antisemitismus widmet. Rechtsextremisten und Rechtspopulisten verbreiten in sozialen Netzwerken ihre antisemitischen Haltungen. Dies belegt eine im November 2017 veröffentlichte Studie der ‚Phänomenbereichsübergreifenden wissenschaftlichen Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit‘ (PAAF) im Landesamt für Verfassungsschutz, die Antisemitismus in sozialen Netzwerken zum Untersuchungsgegenstand hat. Aus der Studie geht zudem hervor, dass neben dem rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Antisemitismus auch vermehrt Antisemitismus unter Muslimen festzustellen sei. Dieser trete oft als „Israelkritik“ in Erscheinung, ziele aber auf eine antisemitische Verunglimpfung des gesamten jüdischen Volkes ab.

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