Die künstliche Beatmung auf der Intensivstation rettet Patienten in medizinischen Notfällen das Leben.
Bei rund 40 Prozent der beatmeten Patienten fällt es anschließend schwer, sie vom Beatmungsgerät zu entwöhnen (weaning) damit sie wieder selbstständig atmen können. Das Team des Weaningzentrums im Alfried Krupp Krankenhaus in Essen ist darauf spezialisiert, diesen Patienten wieder ein Leben ohne Beatmungsgerät zu ermöglichen.

„Im Bereich der Beatmungsmedizin werden Patienten von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtung aus dem ganzen Ruhrgebiet zu uns verlegt, um sie durch unsere Therapie ganz oder zumindest tagsüber vom Beatmungsgerät zu entwöhnen. Eine besondere Kompetenz haben wir im Bereich der sogenannten ,,nicht-invasiven Beatmung‘‘, welche eine wichtige Rolle in der Entwöhnung vom Beatmungsgerät, aber auch bei der Behandlung von beispielsweise
ALS-Patienten spielt“, erklärt Dr. med. Peter Schulte, Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Gastroenterologie und Innere Medizin.

Das bundesweit kooperierende Kompetenznetzwerk WeanNet der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin hat das Weaningzentrum im Alfried Krupp Krankenhaus nun zertifiziert. Die Auszeichnung wurde bisher nur an wenige Klinken im Ruhrgebiet vergeben. Geprüft werden die technische, räumliche und personelle Ausstattung, die Prozess- und Ergebnisqualität sowie die Zusammenarbeit im interdisziplinären Behandlungsteam.

„Bei unseren Patienten sind häufig zahlreiche Körperfunktionen aus dem Ruder gelaufen, die schlussendlich zu einem Versagen der eigenen Atmung führen. Ziel der Behandlung ist daher, diese Körperfunktionen im Rahmen eines ganzheitlichen Behandlungskonzeptes wieder so gut wie möglich in Einklang zu bringen und das Vertrauen in den eigenen Körper wiederherzustellen. Das machen wir Schritt für Schritt im Rahmen eines strukturierten Behandlungsplans“, erklärt Peter Grendel, Atmungstherapeut (DGP) und Bereichsleiter der Weaningstation des Alfried Krupp Krankenhaus.

Am Anfang der Entwöhnung steht die Wiederherstellung des Tag-Nacht-Rhythmus. Hat der Patient dies geschafft, beginnt das multiprofessionelle Team mit der Stärkung der Atemhilfsmuskulatur. Speziell ausgebildete Atmungstherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten arbeiten sechs Tage die Woche gemeinsam mit den Patienten. Der enge Austausch mit dem intensivmedizinisch erfahrenden Pflegeteam, den Fachärzten sowie Ernährungsspezialisten und Psychologen ermöglicht es, die Therapie tagesaktuell auf die Entwicklung des Patienten anzupassen und Begleiterkrankungen jederzeit zu berücksichtigen.

Um einen Patienten vom Beatmungsgerät zu entwöhnen, braucht es Zeit.
Je länger der Patient beatmet wird, desto schwieriger wird der Entwöhnungsprozess, da die Atemmuskulatur geschwächt ist. 14 Tage bis mehrere Monate dauert der Aufenthalt des Patienten im Weaningzentrum.
„In dieser Zeit spielen die Angehörigen eine wichtige Rolle. Sie können dem Patienten über den langen Zeitraum der Entwöhnung Zuversicht geben und ihn bei Rückschlägen auffangen. Bei uns gehören sie mit zum Team und können jederzeit bei ihrem Angehörigen sein“, erklärt Oberärztin Isabella Echter. Diese Einstellung spiegelt sich auch auf der eigens eingerichteten Weaningstation wider. Hier können sieben Patienten gleichzeitig versorgt werden. Für die Patientensicherheit sorgt modernste Technik der Intensivmedizin, die aber bewusst nicht im Blickfeld des Patienten ist, um ihm mehr Ruhe zu geben. Für die Besucher schafft die hotelähnliche Einrichtung eine angenehme Atmosphäre.

Gelingt die Entwöhnung vom Beatmungsgerät, nehmen die Patienten an einer Rehabilitationsbehandlung teil, um anschließend ein möglichst selbstständiges Leben in ihrer häuslichen Umgebung zu führen. Aber auch wenn es nur gelingt einige Stunden am Tag auf das Beatmungsgerät zu verzichten, gewinnen die Patienten wichtige Lebensqualität zurück. In dieser Zeit können sie wie gewohnt mit ihren Angehörigen sprechen und essen. Das Team des Weaningzentrums übernimmt nach der Therapie die Überleitung in eine spezialisierte Pflegeeinrichtung oder eine ambulante häusliche Pflege. Mit Schulungen werden Patienten und Angehörige auf die neue Lebenssituation vorbereitet. Sie lernen einfache Komplikationen selbst zu beherrschen.

Die Kompetenz des Weaningzentrums ist auch außerhalb des Alfried Krupp Krankenhaus gefragt. Das Krankenhaus ist Kooperationspartner im Netzwerk zur Versorgung außerklinisch beatmeter Patienten. So leitet das Team für Menschen in Pflegeeinrichtungen und in häuslicher Umgebung eine individuell angepasste Therapie mit mechanischen Atemhilfen ein und organisiert die kontinuierliche Versorgung. Dazu gehören die stundenweise oder nächtliche Maskenbeatmung und eine Dauerbeatmung über ein Tracheostoma. 

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