Traditionell gilt Weißrussland als Hauptlieferant von Milcherzeugnissen auf dem russischen Markt, aber kürzlich ist ein neuer östlicher Konkurrent, der Iran, am Horizont des westlichen Nachbarn Russlands aufgetaucht. Sanktionen, die seit vielen Jahren bestehen, haben zur Entwicklung des iranischen Agrarsektors beigetragen. Derzeit decken mehr als 400 Verarbeitungsbetriebe im Iran nicht nur die Binnennachfrage ab, sondern ermöglichen auch Exporte von fast 600.000 Tonnen von Milcherzeugnissen im Wert von mehr als 625 Mio. US-Dollar pro Jahr. Die iranische Regierung plant, diesen Wert auf eine Million zu erhöhen, was das Land zu einem der zwanzig größten Exporteure von Milchprodukten machen wird. Die Entwicklung der russisch-iranischen Beziehungen ermöglicht die Feststellung, dass diese Pläne noch in diesem Jahr umgesetzt werden könnten.

Ab dem Jahr 2016 hat der Föderale Dienst für Veterinär- und Pflanzenschutzüberwachung (Rosselkhoznadzor) die Zertifizierung vieler iranischer Milchproduzenten durchgeführt. Die ersten Lieferungen erfolgten kurz nach der Verifizierung. Über einen der Transporte von Magermilchpulver (MMP) von Iran nach Moskau erzählt Mohammad Sadeghikhorabadi, Country Manager für den Iran in der Unternehmensgruppe AsstrA.

Im März dieses Jahres erhielten wir eine Anfrage von einem der größten iranischen Produzenten, Milchprodukte nach Russland zu transportieren. Dabei wurden 500 Tonnen von Magermilchpulver auf Paletten vom Hafen von Anzali in den Hafen von Astrachan geliefert. Alle weiteren Operationen in der gesamten Logistikkette in Russland wurden von Spezialisten von AsstrA durchgeführt. Informationen des Kunden über den Beginn des Frachttransports aus dem Hafen von Astrachan kamen Anfang Mai an. Am 5. Mai wurde das erste Auto geschickt und nach zwei Wochen war das Projekt fast fertig. Insgesamt haben wir 26 Fahrzeuge zur Beladung bereitgestellt. Die Milch wurde nach den Prinzipien des Zolltransits nach Moskau transportiert. Versandanmeldungen wurden von einem beteiligten Zollagenten erstellt und die Mitarbeiter von AsstrA befassten sich mit Angelegenheiten im Zusammenhang mit der EPI-Zollsoftware für 26 Fahrzeuge. Auf diese Weise haben wir den Kunden in Russland von der Lagerung bis zur Erstellung der Dokumentation einen umfassenden Frachtumschlag ermöglicht.

Wie gestaltet sich derzeit die Situation mit der Transportsuche auf der Strecke Iran-Russland?Ist es schwierig, einen zuverlässigen Geschäftspartner zu finden, der optimale Preise anbietet?

Es war ein multimodaler Transport: Der Absender war für den Transport auf dem Seeweg verantwortlich, während wir den Transport auf russischem Territorium übernommen haben. Es stellte sich jedoch als Problem heraus, einen Subunternehmer zu finden, da der Kunde mit den ursprünglich vorgeschlagenen Preisen nicht einverstanden war. Doch dank dem bewährten Agenten im Hafen von Astrachan, mit dem wir bereits zuvor gearbeitet haben, konnten wir einen geeigneten lokalen Frachtführer sowohl mit eigenem, als auch mit gemietetem Fuhrpark finden.

Gibt es spezielle Anforderungen in Bezug auf Sicherheit, Ladungszertifizierung und Einhaltung der vorgeschriebenen Temperatur?

Der Transport von Milchpulver erfordert nicht die Einhaltung einer vorgeschriebenen Temperatur und daher wurden hauptsächlich Standard-LKW mit Plane und teilweise Kühlfahrzeuge ohne Temperaturkontrollsysteme verwendet. Mit Blick auf die Dokumentation hat der Absender vor dem Transport die notwendigen Unterlagen vorbereitet: Veterinärbescheinigung mit einer Übersetzung ins Russische, Qualitätsnachweise für die Produkte, Zertifikat über unterbliebenen GMO-Einsatz und das Ursprungszeugnis des Formulars A. Vor der Zollabfertigung jedes Fahrzeugs wurde eine interne Inspektion durchgeführt, es wurden Siegel platziert und erst nach diesen Prozeduren wurde die Ware verschickt. Nach der Auslieferung an ein Speziallager in Moskau wurde die Fracht erneut von einem Veterinärinspektor geprüft.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Transport von Milchprodukten aus dem Iran entwickeln?Wird das Exportvolumen zunehmen oder ist es eher unwahrscheinlich, dass der Iran zum zweiten Weißrussland für Russland avancieren wird?

Zunächst einmal sollte daran erinnert werden, dass fast die Hälfte der iranischen Molkereiprodukte, die für den Export nach Russland zertifiziert wurden, von den größten Herstellern des Landes mit einem Marktanteil von fast 90 % stammen. Daher sind die derzeitigen Transportmengen nach Russland erst der Anfang. Wir erkunden uns über die Perspektiven. Der Großteil der Exporte geht nach wie vor in den benachbarten Irak und nach Afghanistan.

Zweitens, trotz des relativ hohen Verkaufspreises von Milch im Iran, der durchschnittlich bei 30 Cent liegt (Anmerkung der Redaktion: der durchschnittliche Verkaufspreis in der EU beträgt 21,5 Cent), gewährt die iranische Regierung zur Unterstützung der Exporte Subventionen an verarbeitende Unternehmen, was die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der iranischen Milchprodukte erhöht. Auf dem russischen Markt hat der Iran bereits die weißrussischen Preise für pasteurisierte Milch (Anm. d. Red.: Iran – bis zu 0,18 Euro pro Liter, Weißrussland bis 0,23 Euro pro Liter) und für Milchpulver (Anm. d. Red.: Iran – bis 1,8 Euro/kg, Weißrussland – bis 2,23 Euro/kg) übertroffen.

Drittens sind iranische Produkte für den russischen Verbraucher immer noch eine Terra Incognita. Mit dem Wachstum der Markenbekanntheit und als Folge von Werbe- und Marketingkampagnen werden iranische Milchprodukte ihren Anteil am russischen Markt erobern. Derzeit können wir noch nicht abschätzen, wie groß dieser Teil sein wird.

Die zweijährigen Gespräche über die Errichtung einer Freihandelszone (FTA) zwischen dem Iran und der Eurasischen Wirtschaftsunion neigen sich langsam dem Ende. Das neue Abkommen wird es dem Iran ermöglichen, mehr als fünfzig verschiedene Gruppen Güter mit niedrigerem Zoll, einschließlich landwirtschaftlicher Erzeugnisse, zu transportieren.

All dies erlaubt es uns, mit einem Anstieg der Lieferungen aus dem Nahen Osten zu rechnen.

Was sind die Haupthindernisse für die Entwicklung des Transportes von Milchprodukten aus dem Iran?

Wenn wir über den Export nach Russland sprechen, haben wir hier Widerstand auf dem Binnenmarkt. Von 2016 bis 2017 stiegen die Milchpulverimporte aus dem Nahen Osten um fast 20 %, während sich das Transportvolumen aus dem Iran verfünffachte. Von diesem Moment an begannen russische Unternehmen, das Landwirtschaftsministerium zu ersuchen, Importe aus dem Iran, der Türkei und anderen Ländern zu kontrollieren, um Preisdumping auf Produkte von inländischen Produzenten zu verhindern, aber es wurden keine Maßnahmen ergriffen. Es ist die Rede davon, dass es in der Perspektive eine Möglichkeit gibt, die Lieferung einer bestimmten Menge von Waren zu beschränken, aber dafür gibt es bisher keine wirklichen Voraussetzungen.

Wenn wir über die Entwicklung des Güterverkehrs in einem ganzheitlichen Ansatz sprechen, ist das größte Problem die geografische Lage des Iran. Unter den führenden Importeuren grenzt der Iran nur an China und Russland. Der Transport nach Deutschland, Frankreich und in andere EU-Länder erfordert mehr Zeit, mehr Kosten und mehr Arbeitsaufwand. Es ist definitiv zu früh, um über globale Exportpläne zu sprechen, aber selbst wenn das derzeitige Exportwachstum beibehalten wird, werden 500 Tonnen Milchpulver bald „nur 500 Tonnen” für uns sein.

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