Man merkt sofort, dass alle beide mit viel Herzblut dabei sind: Im Kälberstall beginnt die Betriebsbesichtigung und Familie Pöhl erklärt den Besuchern die Kälberaufzucht mit Vollmilchtränke, die die Kleinen nach rund drei Monaten verlassen, um auf den ausgedehnten Wiesen zu grasen. Und der geplante neue Boxenlaufstall hört sich nach Wellness für die Kühe an, wenn die beiden ausmalen, wie die Tiere dann jederzeit vom Stall auf die Weide und wieder zurück gehen können – weil sie vielleicht der Sommerhitze tagsüber ausweichen und dafür lieber in der kühlen Nacht draußen sein wollen. Dort wird dann auch die neue Melkanlage für 32 Kühe integriert sein, bei der je 16 Kühe im Wechsel gemolken werden („swingover“). Die alte Anlage wird abgebaut und verkauft, die Jungtiere ziehen dann um in den jetzigen Kuhstall.
Die Familie Pöhl hat die Hofstelle in Reichlos 1954 erworben und bewirtschaftet den Hof heute bereits in der vierten Generation. 1976 haben die Eltern der heutigen Inhaber einen der ersten Boxenlaufställe hessenweit gebaut, in dem sie bis heute tatkräftig mitwirken. Zum ersten Mal kommt im Sommer dann ein Landwirt-Azubi in den bislang reinen Familienbetrieb. Ursprünglich diente der Hof als Niederlassung der Familie Riedesel, die dort eine Art „Außenposten“ unterhielten. Zum Hof gehören noch knapp 140 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 31 Hektar Ackerland, 95 Hektar Grünland und 17 Hektar Dauerweide. Von derzeit 70 Milchkühen mit einer Produktion von rund 1.500 Litern pro Tag soll der Betrieb auf knapp das Doppelte anwachsen, sobald der neue Boxenlaufstall fertiggestellt ist. „Der Neubau wurde Ende letzten Jahres bewilligt und erhält Fördermittel aus der sogenannten Einzelbetrieblichen Investitionsförderung (EFP), vor allem wegen des besonderen Komforts und Auslaufs für die Kühe“, erklärt Amtsleiterin Anja Püchner.
Die Familie hat aber noch ein ganz besonderes Steckenpferd: Seit zwei Jahren macht der Betrieb Pöhl bei der Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“ mit, wo Jenny Pöhl Schulklassen, Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Werdegang vom Kalb zur Kuh erklärt und alles Wissenswerte rund um die Milch und Landtechnik vermittelt – Bauernhof zum Anfassen und Mitmachen. „Jedes Kind sollte mindestens einmal auf einem Bauernhof gewesen sein“, findet sie. Eigentlich auch jeder andere, denn: „Wir müssen die Nachhaltigkeit von Nahrungsmitteln wieder mehr bewusst machen, vor allem der folgenden Generation.“ Eine Haltung, der Dr. Mischak beipflichtet: „Wir versuchen mit Aktionen wie der Direktvermarkter-Broschüre ein Bewusstsein für die regionalen Erzeugnisse beim Verbraucher zu wecken, das ist wichtig.“
Wer den Hof besuchen möchte, kann sich unter poehlgbr@gmail.com gerne an Familie Pöhl wenden.
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