THESE 1: SELF SERVICE MUSS PERSÖNLICHEN NUTZEN BRINGEN
Mitarbeiter akzeptieren die Einführung digitalisierter Prozesse, wenn sie ihnen einen erkennbaren Mehrwert schafft. Am Beispiel der Arbeitszeiterfassung im Self Service wird das deutlich. Kollegen in der Produktion oder dem Schichtdienst kennen das Stechen mit der Stechuhr, arbeiten aber wenig am Computer. Angestellte in der Verwaltung sind zwar PC-affin, füllten aber bisher Stundenzettel aus oder mussten ihre Zeiten gar nicht erfassen. Zu Beginn bedeutet die neue Vorgehensweise für die Mitarbeiter einen zusätzlichen Lern- und Zeitaufwand. Sie erwarten vom Arbeitgeber, dass er ihnen den Einstieg so leicht wie möglich macht. Einfache Workflows, Instruktionen in der Muttersprache und zentral zugängliche Computerterminals helfen dabei. Vor allem aber muss der für sie entstehende Nutzen deutlich kommuniziert werden. Im Self Service erhalten sie erstmals umfassende Übersicht über ihre Daten und können sie jederzeit aktualisieren und kontrollieren. Transparente und belegbare Zeiten ermöglichen ihnen zum Beispiel, Pausen flexibel zu planen, Überstunden nachzuweisen und sich eventuell vom psychologischen Druck, länger als der Chef bleiben zu müssen, zu befreien. Mit der Erkenntnis dieser Vorteile entsteht die Bereitschaft, sich auf das Neue einzulassen.
THESE 2: DIE BETONUNG LIEGT AUF „SERVICE“, NICHT AUF „SELF“
Transparenz, selbstständiges Handeln, mobiler Zugriff. Auch wenn diese Vorteile des Self Services für die Mitarbeiter einsichtig sind, darf es nicht darauf hinauslaufen, dass sie sich allein gelassen fühlen. Wer seinen Urlaub digital beantragt, erwartet kurze Reaktionszeiten und eine Information zum Antrag per E-Mail. Wer im Homeoffice oder im Außendienst arbeitet, freut sich über ein schnelles Feedback zu seinen digital angesteuerten Prozessen wie zum Beispiel die Beantragung einer Dienstreise oder die Anfrage zu einem Mitarbeitergespräch in der Geschäftsstelle. Wer ein Seminar online bucht, will durch einen elektronischen Kompetenz- und Skill-Abgleich direkt erkennen, welche Weiterbildung für ihn tatsächlich sinnvoll ist. Darüber hinaus sollte die digitale Genehmigung der Weiterbildung persönliche Anmerkungen des Vorgesetzten zulassen. Und für jeden Mitarbeiter gilt: Er möchte seine Aufgaben und Möglichkeiten als Nutzer des Programms eindeutig verstehen und sich bei Fragen an einen persönlichen Ansprechpartner in der Personalabteilung wenden können.
THESE 3: AKZEPTANZ NUR BEI DATENSICHERHEIT
Die Stammdaten über das Mobiltelefon ändern? Die Gehaltsabrechnung per E-Mail erhalten? Ist das sicher? Dem elektronischen Versand personenbezogener Daten stehen viele kritisch gegenüber, daher hat Datensicherheit des Arbeitgebers höchste Priorität. Gibt es hier einen Unterschied zwischen privater und dienstlicher Nutzung der digitalen Möglichkeiten? Mit zunehmender Lebenserfahrung steigt das Risikobewusstsein. Mit dem Bildungsstand wächst die Kenntnis der Rechtsgrundlagen und der Persönlichkeitsrechte. Das bestätigen prominente Vorbilder, die ihre persönlichen Daten schützen: Die Schauspielerin Anke Engelke lehnt bis heute ein Smartphone für sich ab, der Soziologe Harald Welzer kauft nichts online, die Wirtschaftsinformatikerin Sarah Spiekermann meldete sich bei Facebook ab.
Die Nutzung von Facebook, um nur eines der Beispiele aufzugreifen, ist nicht unbedingt deckungsgleich auf die digitalen Prozesse innerhalb eines Unternehmens zu übertragen: Durch die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetztes unterliegen die Arbeitgeber strengen Richtlinien, kennen die Aufgabenstellungen und sichern durch zertifizierte Datenschutzbeauftragte die Softwareumgebung innerhalb des Unternehmens ab. Arbeitnehmer erhalten daher automatisch eine rechtliche und technische Beratung, etwa über die Möglichkeiten der langfristigen Dokumentensicherung oder was passiert, wenn sie ihr Smartphone einmal verlieren. Private digitale Zurückhaltung bedeutet nicht gleichzeitig die Ablehnung digitaler Prozesse im Unternehmen. Angestellte und Jobsuchende sind in der Regel offen für Erleichterungen durch Self Service, die in Zusammenhang mit ihrem Arbeitsplatz stehen, da der Arbeitgeber die Erfüllung der Sorgfaltspflicht und den Datenschutz garantiert.
THESE 4: DIGITAL JA, ABER AUCH ANALOG
Die kanadische Psychologin Susan Pinker belegt mit einer Reihe von Studien, dass die direkte Kommunikation klare Vorteile gegenüber allen virtuellen Formen bringt. Stimme und Augenkontakt übermitteln ehrliche, nonverbale Botschaften. Der soziale Austausch erzeugt ein höheres Zusammengehörigkeitsgefühl und stärkt sogar das Immunsystem. Als Beispiel wie wichtig die Kombination von digitaler und persönlicher Kommunikation ist, sei hier das Bewerbermanagement aufgeführt. Junge Bewerber fordern zwar eine schnelle Prozedur, aber eben auch gleichzeitig eine persönliche. Nicht immer möchten sie anonyme Bewerbermasken ausfüllen und nüchterne Eingangsbestätigungen erhalten. Mit einer individuell gestalteten Bewerbung als PDF können sie ihre Persönlichkeit ausdrücken. Eine nett formulierte Antwort per E-Mail und später eine telefonische Einladung vermitteln die Kultur des potenziellen neuen Arbeitgebers. Und die persönlichen Gespräche beim Auswahlprozess sind die Stellschrauben jeder Entscheidung. Arbeitgeber sind daher gut beraten, wenn sie unterschiedliche Kommunikationsformen zulassen.
Rein administrative Prozesse wie die Arbeitszeitbuchung werden von den Mitarbeitern meist unbedenklich im Self Service akzeptiert. Hier sehen sie ihren persönlichen Nutzen im selbstbestimmten Handeln und der Transparenz ihrer Daten. Bei sensiblen Themen wie der elektronischen Übermittlung personenbezogener Daten muss der Arbeitgeber durch eine sichere Software und ausreichende Aufklärung Vertrauen schaffen. Persönliches Feedback ist auch im Self Service unerlässlich, damit sich Mitarbeiter im Unternehmen gut aufgehoben fühlen. Bei klar strukturierten Prozessen kann dies digital erfolgen. Für persönliche Fragen und Sorgen muss immer die Möglichkeit zum direkten Gespräch bestehen. Denn wie Harald Welzer sagt: „Das Leben ist analog.“
Quellen: Harald Welzer: Die smarte Diktatur. Der Angriff auf unsere Freiheit. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2015
Susan Pinker: The Village Effect. How Face-to-Face Contact Can Make Us Healthier, Happier, and Smarter. Speigel & Grau, New York 2014
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